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Fotografie und Bildbearbeitung: Segen oder Fluch?


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Rasch an den Kontrast-, SchĂ€rfe- und Farbreglern gespielt, anschließend noch ordentlich croppen und das flache Bild hat plötzlich Pepp!

Sind wir geschmacklich darauf geeicht -wie auf Fastfood- dass die Kontraste ins Auge springen mĂŒssen, damit ein Foto noch unseren Geschmack trifft? Kontrast als das Glutamat der Fotografie?

Nur manchmal mache ich ein Foto, an dem sich jede nachtrĂ€gliche Bildbearbeitung als Verschlechterung darstellt und ich sagen kann: dieses JPEG ist einfach gelungen. Als AnfĂ€nger kann ich solche Fotos (bisher) leider nicht konstant reproduzieren. Vergleiche ich aber solche "gelungenen" Fotos mit stark nachbearbeiten RAWs, dann zeigt sich mir ein großer QualitĂ€tsunterschied: die stark optimierten Fotos wirken auf mich wie Effekthascherei ohne Substanz.

Was ist eure Erfahrung und Meinung dazu?

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Ist so ein Punkt den ich nicht verstehe:

Wenn ich RAW shoote passiert oft folgendes:

als erstes passe ich die Belichtung an, da ich ja schaue, den isolosen Sensor möglichst gut auszunutzen. Also nicht nur Belichtung anpassen sondern auch Schatten und Highlights und die Gradiationskurve anpassen. Speziell Schwarz und Weißpunkt (was ja nichts anderes als Kontrast ist). Dazu die Raw Input SchĂ€rfe, und noch ein wenig herumspielen. Wenn es sein muss ab nach Photoshop. Dort wird dann ein wenig Beauty Retusche betrieben, die Farben angepasst, noch ein wenig an den Kurven herumgespielt um meinen eigenen Stil wiederzugeben.

 

Und- was solls? Nichts anderes macht ja die JPG Engine.

Belichtung, Schatten, Highlights - mit DR Modi den isolosen Sensor ausnutzen und die Filmmodi (und speziell der integrierte RAW Konverter) machen die Gradiationskurve und die Farben.

 

 

Punkt ist: wir fotografieren alle RAW, ob wir wollen oder nicht. Der Unterschied ist, dass die einen die JPG Konvertierung in der Kamera (automatisch) machen und stolz darauf sind und die anderen dies am PC machen. Ich sehe hier keinerlei Probleme. Jedem das seine. 

bearbeitet von wildlife
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und dann macht man aus einem 12 oder 14 bit Raw wieder ein 8 bit jpg

Das ist aber nicht vergleichbar. In den Raw-Daten sind die Werte proportional zu der vom Sensorpixel empfangenen Lichtmenge, weshalb die Zahl der Bits der Zahl direkt den Dynamikumfang entspricht, der ĂŒberhaupt differenziert werden kann (wie hoch der nutzbare Dynamikumfang dann ist, das ist noch mal eine andere Frage). Ein solches lineares VerhĂ€ltnis von Licht und Helligkeitswerten entspricht aber nicht unserem Helligkeitsempfinden, das nicht linear, sondern eher logarithmisch ist. Wenn wir uns ein Bild mit solchen linearen Werten ansehen, erscheint es uns sehr dunkel.

 

Die Grafikkarten und Monitore können zwar keine 12 oder 14 Bit differenzieren, aber das ist kein Problem, denn unser Augen könnten es sowieso nicht. Die große Zahl von Bits in den Raw-Daten brauchen wir nur wegen des Dynamikumfangs. Die interne Bildverarbeitung oder der Raw-Konverter passen die Gradationskurve so an, dass die Helligkeiten im Bild unserem Empfinden entsprechen, und das Ergebnis kann dann unabhĂ€ngig vom Dynamikumfang des Sensors und dem Kontrastumfang der Szene stets mit 8 Bit wiedergegeben werden. (Oft wird der Kontrast kĂŒnstlich beschnitten, um das Bild knackiger aussehen zu lassen – je billiger die Kamera, desto eher –, aber das entspringt einer bewussten Entwurfsentscheidung der Firmware-Entwickler und keiner BeschrĂ€nkung durch die 8 Bit.)

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aber wie kann dann jemand behaupten das im RAW gesehene Lichter und Schatten sind, die im jpg nicht vorhanden wĂ€ren wenn man sie eh nicht sehen kann, es sei denn der Monitor und die Software können es ĂŒberhaupt darstellen?

Wie gesagt: Manche Lichter und Schatten werden von der Kamera beschnitten und finden sich im JPEG nicht wieder. Das liegt aber nicht an den 8 Bit, sondern daran, dass die Kamera diese Tonwerte zugunsten besonders kontrastreicher Mitteltöne opfert. Du kannst die Lichter und Schatten im Raw-Konverter retten und dann ein JPEG mit 8 Bit sichern, in dem sie enthalten sind. Es geht, wenn man will, und die 8 Bit halten niemanden zurĂŒck. Man könnte die Bildverarbeitung der Kamera so gestalten, dass immer alle vom Sensor registrierten Tonwerte erhalten bleiben, aber dann wĂŒrden kontrastreiche Szenen recht flau erscheinen, was nicht unbedingt erwĂŒnscht ist. Bei Filmaufnahmen macht man das oft tatsĂ€chlich so, weil die Tonwerte und Farben sowieso in der Postproduction entstehen, aber die von der Kamera erzeugten JPEGs sollen ja so, wie sind, gut ansehbar sein.

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Rasch an den Kontrast-, SchĂ€rfe- und Farbreglern gespielt, anschließend noch ordentlich croppen und das flache Bild hat plötzlich Pepp!

Sind wir geschmacklich darauf geeicht -wie auf Fastfood- dass die Kontraste ins Auge springen mĂŒssen, damit ein Foto noch unseren Geschmack trifft? Kontrast als das Glutamat der Fotografie?

Die Diskussion hatten wir schon öfter hier. Wenn man Bildbearbeitung darauf reduziert, Kontrast und SchÀrfe in ein Bild zu bringen und den Bildausschnitt festzulegen und dieses Preset dann unabhÀngig vom Motiv auf alle seine Bilder anwendet, um keine Zeit zu verlieren, ist sie eher Fluch als Segen.

 

Ein richtig gut ausgearbeitetes Bild, egal ob mit poppigen Effekten oder dezent bearbeitet, empfinde ich dagegen als Segen, um im Jargon des Thread-Titels zu bleiben. Damit meine ich nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Weg dahin. Wie die Aufnahme ist die Bildbearbeitung ein Prozess, der handwerklich gelernt sein will und KreativitĂ€t erfordert und daher fĂŒr mich ein guter Teil des Spaßes am Hobby. Als Ergebnisse können im Einzelfall auch mal Geschmacksverirrungen herauskommen, da nehme ich mich selbst nicht aus. Wenn ich mir einige meiner Bearbeitungsversuche mit etwas zeitlichem Abstand ansehe, frage ich mich, was ich an dem Tag wohl geraucht habe. Dann sind aber auch gelungene Versuche dabei, fĂŒr die man echte und virtuelle Likes bekommt und einen motivieren, weiter zu machen.

 

Das man heute hÀufig sehr extreme Bildbearbeitungen sieht, hat sicher mehrere Ursachen: mehr technische Möglichkeiten, sich abheben wollen in der tÀglichen Bilderflut im Netz und vielleicht auch einfach der Zeitgeist. Ist doch in anderen Kunstformen auch nicht anders.

Darin sehe ich keinen Fluch - im Gegenteil.

Das heißt ja nicht im Umkehrschluss, dass es nicht auch hervorragende Bilder gibt, die rein durch Motiv und Bildgestaltung ĂŒberzeugen und die ĂŒberhaupt nicht nachbearbeitet sind.

Aber die Fotografie darauf zu reduzieren, wĂŒrde sie m.E. Ă€rmer machen.

bearbeitet von Volker
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Wie gesagt: Manche Lichter und Schatten werden von der Kamera beschnitten und finden sich im JPEG nicht wieder. ...usw

 

 

ist ja so OK, mein Anliegen ist allerdings etwas anders, wenn man ein RAW mit 14bit an einem 8bit Monitor mit einem 8bit Programm darstellt...

sieht man dann die 14 oder 8 bit?

oder anders, wenn ich die Farben und Lichter von 14bit bei Raw in ein 8bit jpg exportieren möchte, auf welche Kompromisse muss ich mich einstellen,

Lichter, Schatten, Farbnuancen, was geht beim Umwandeln in jpg verloren, etwas muss ja wegfallen weil einige Bits wegfallen 

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ist ja so OK, mein Anliegen ist allerdings etwas anders, wenn man ein RAW mit 14bit an einem 8bit Monitor mit einem 8bit Programm darstellt...

sieht man dann die 14 oder 8 bit?

Du siehst den Dynamikumfang, den man mit 14 Bit abbilden kann, aber nur mit 8 Bit aufgelöst. WĂŒrden hier die vollen 14 Bit aufgelöst, wĂŒrde man den Unterschied allerdings nicht bemerken.

 

Noch einmal: Die Zahl der Bits, die der A/D-Wandler liefert und die in der Raw-Datei gespeichert wird, hat mit der Zahl der Bits pro Farbkanal nichts zu tun. Das sind Äpfel und Birnen.

 

oder anders, wenn ich die Farben und Lichter von 14bit bei Raw in ein 8bit jpg exportieren möchte, auf welche Kompromisse muss ich mich einstellen, Lichter, Schatten, Farbnuancen, was geht beim Umwandeln in jpg verloren, etwas muss ja wegfallen weil einige Bits wegfallen

Es geht nichts verloren. Nichts das Du ĂŒberhaupt erkennen könntest. Du wirst nie die 16384 Helligkeitsabstufungen unterscheiden können, die sich mit 14 Bit auflösen lassen. Aber wie oben schon erklĂ€rt, speichert man die 14 Bit ja auch nicht deshalb, weil so feine Tonwertdifferenzierungen nötig wĂ€ren, sondern im Interesse des Dynamikumfangs.

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Na ja, heute fotografiert halt jeder. Wenn man tausende von den ewig gleichen Bildern gesehen hat, wie zerfurchte s/w-Gesichter von Asiaten, Personen von hinten auf der Strasse in schwarz-weiss (manche nennen das Streetfotografie), verschwommene WasserfÀlle, die orangen Felsen des Sowieso-Valley im Abendlicht in den USA, den Markt von Bangkok, usw., dann muss man "schreien", damit die eigenen Bilder noch wahrgenommen werden. D.h. Bilder machen, die formal oder inhaltlich ins Auge springen.

 

Das ist nicht meine Art von Fotografie. Ich versuche das wiederzugeben, was ich gesehen habe und möglichst eine Geschichte zu erzÀhlen. Ich versuche, mich selbst zu verbessern. Jeder Mensch ist einmalig. Es hilft nicht, sich auf die Dauer bloss immer nur mit andern zu vergleichen.

 

Weniger als 10% meiner Bilder laufen ĂŒber den RAW-Konverter (fast immer ist es der interne). Der Rest bleibt wie er ist. Die guten JPEGs waren ein Grund, warum ich zu Fuji wechselte.

 

GrĂŒsse

Andreas

bearbeitet von andreasj
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Weniger als 10% meiner Bilder laufen ĂŒber den RAW-Konverter (fast immer ist es der interne). Der Rest bleibt wie er ist. Die guten JPEGs waren ein Grund, warum ich zu Fuji wechselte.

 

Das Àndert aber nichts daran, dass die Bilder bearbeitet sind, nur eben von der JPG-Engine.

Und zwar so, wie sich die Software-Entwickler bei Fuji das gedacht haben, was wohl eher zufÀllig deiner persönlichen Sichtweise entspricht.

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Fotografie und Bildbearbeitung: Segen oder Fluch?

 

Im Grunde eine mĂŒĂŸige Frage, die im Zuge des (v.a. technischen) Fortschritts immer wieder gestellt wird.

 

Industrialisierung - Fluch oder Segen?

Moderne Medizin - Fluch oder Segen?

Internet - Fluch oder Segen?

 

Es kommt einzig und allein darauf an, was wir daraus machen.

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Das Àndert aber nichts daran, dass die Bilder bearbeitet sind, nur eben von der JPG-Engine.

Und zwar so, wie sich die Software-Entwickler bei Fuji das gedacht haben, was wohl eher zufÀllig deiner persönlichen Sichtweise entspricht.

 

Auf jeden Fall entsprechen die JPEGs aus digitalen Kameras nicht der RealitÀt des menschlichen Sehens, sodass JPEGs aus der Kamera grundsÀtzlich etwas zeigen, das in Wirklichkeit oft anders ausgesehen hat. 

 

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich Reuters entschlossen hat, ab sofort nur noch JPEGs zuzulassen, also verfÀlschte Bilder der RealitÀt. Die bisherige Praxis, eine realitÀtsnahe Sichtweise des menschlichen Auges per TWK aus dem RAW zu entwickeln, wurde den Fotografen verboten. 

bearbeitet von flysurfer
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Wahrscheinlich liegt die Antwort bei uns selbst. Ich kann wie wildlife das Bearbeitungsprogramm nutzen, um etwa die Vorteile des ISOlosen Sensors auszuspielen. Wenn ich aber ein RAW aufnehme und denke: schönes Motiv, aber lausige Umsetzung, dann werde ich es zukĂŒnftig lieber gleich entsorgen anstatt die Regler hochzuziehen um etwas zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Cocktail mit schlechten Zutaten halt  ;). Ohne Not die Kontraste zu erhöhen ist eine Frage des Geschmacks. Habe mir dieses Jahr eine Sonnenbrille gekauft "mit leicht erhöhten Kontrasten", wie der VerkĂ€ufer meinte. Der Effekt hat schon was. Zu starke empfinde ich ihn aber als störend.

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Ich fand die Analogie zum Kochen gar nicht schlecht. Nur wĂŒrde ich Kontrast weniger als Glutamat ansehen, eher als... Pfeffer? Und jeder einzelne Regler in LR entspricht einem anderen GewĂŒrz. Man kann was tolles draus machen, man kann es aber auch komplett versauen. Und wenn die Zutaten schon gammelig sind, hilft all das GewĂŒrz nichts mehr.

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Bildbearbeitung ein Fluch?

Bin ich denn ein Pressefotograf? Nein.

Mache ich Bilder "nur mal so  zum Rumzeigen?" - auch nicht (bzw. nur ab und an mal)

Ich mache Bilder, um Bilder zu machen.

 

HĂ€tte ich die FĂ€higkeit, mit Pinsel und Leinwand Bilder enstehen zu lassen, wĂŒrde ich kaum auf die Idee kommen, die sog. "Wirklichkeit" abbilden zu wollen.

Nein, ich wÀre frei in allem, in der Formgebung, in der Farbgebung, ich lasse Dinge weg oder ergÀnze sie oder verlasse völlig die "reale" Welt und mache Fantasieformen.

All diese Freiheiten hab ich glĂŒcklicherweise auch durch die Bildbearbeitung.

Und darauf soll ich verzichten?

Mir kÀme das nie in den Sinn.

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Sehe ich auch so (und ich bin auch Maler). Es gibt ja auch solche und solche Maler(eien) :lol:  Auch da kann man am Kontrast schrauben und die Palette versauen...

 

Zudem: Bildbearbeitung hat man auch zu Dunkelkammerzeiten gemacht - nur waren da die Mittel etwas enger. Somit stellt sich die Frage nicht erst heute zur Elektronikzeit. Und ein Mehr an Möglichkeit zeitigt halt zumeist auch ein Mehr an Schrott.

 

antonio

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Ja, bitte. wir brauchen dringend eine Neuauflage der Analog-Digital-Kriege der Jahrtausendwende.

 

Gelobt sei, was auch immer ein Bild ergibt, das mir gefÀllt. Irgendwelche tiefsinnigen philosophischen Betrachtungen und elitÀren Dogmen bei Gestaltung, Herstellung und Interpretation interessieren mich dabei nicht die Bohne. Und jetzt haue und steche man auf mich ein.

 

Und daß jede Zeit ihre eigene Sichtweise, ihren eigenen visuellen Geschmack hat, der unter anderem auch von den handwerklichen Möglichkeiten dieser Zeit beeiflußt wird, ist auch nicht neu.

bearbeitet von jsc
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Um bei der Analogie zum Essen zu bleiben: Ich wĂ€re bereits froh, wenn ich konstant gut nach Rezept kochen könnte. Der Sternekoch mag die Nase darĂŒber rĂŒmpfen, aber: er kann ja bereits nach Rezept kochen. 

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