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Liebe Interessierte und Fotografenkolleg'innen,

ich hatte gerade eine Erkenntnis. Nach 3 Jahren (mein letzter Beitrag hier: https://www.fuji-x-forum.de/topic/29369-eine-widmung-für-das-großartige-xf-60mm/) kam sie ganz spontan und im Morgengrauen, als ich bei relativ wenig verfügbarem, dafür wunderbar frischem ersten Licht des Tages Aufnahmen in unserem Garten machte. Und zwar mit dem Minolta 58mm 1.2.

Es geht um: Abbildungscharakter.

Es ist aber nicht das einzige hochlichtstarke Objektiv dieser Brennweite, welches ich zur Zeit besitze. Ich habe auch das Canon 55er S.S.C. gleicher Lichtstärke mit und ohne Asphäre (gewisse Unterschiede, sind aber beide sehr gut) und auch das Hexanon AR 57mm von Konica. Und alle diese Objektive bilden auf hohem Niveau ab, keine Frage. Deswegen ist es logischerweise richtig, eine eigene Beziehung zu einem solchen Hochleistungsobjektiv aufzubauen, das bedeutet: Zuneigungen und eigentlich Liebe und Freude - von mir aus: Vorliebe -  zu fühlen, je nachdem, durch welches Glas man am liebsten die Umwelt oder den einen Moment festhalten möchte. Daß dies nicht nur durch die Brennweite und weitere Kennzahlen bestimmt wird, wissen wir doch schon. Aber woher kommen überhaupt signifikante Unterschiede in den bildgebenden Eigenschaften bei gleicher Brennweite und Lichtstärke? Das Licht durchwandert nun einmal verschiedene Glasschichten und -arten, wird auf unterschiedliche Weise gezogen, gedrückt, gestreckt und wieder mannigfaltig korrigiert ... aber möglichst viele Photonen sollen durchkommen, und zwar gleichzeitig und plan, sonst gibt es wieder unerwünschte Farben und weitere Störeffekte. Und die wollen wir ja nun auch wieder nicht - Nachbearbeitung hin oder her. Und deswegen bremst man das Licht manchmal etwas aus, durch so genannte hochbrechende Gläser. Minolta hat das sehr gut gelöst, finde ich. Konica ebenfalls. Und bei Canon gibt es offenbar auch eine ähnliche Glasmischung insbesondere mit Thorium.

Das bißchen äußerliche Alphastrahlung (selbst gemessen) ist wirklich harmlos, das Thoriumoxid ist fest im Glaskörper eingeschlossen und kann nicht austreten, es sei denn man würde das Glas mit einem Vorschlaghammer zertrümmern oder in einem offenen Kaminfeuer schmelzen. Und das macht doch niemand. In der Produktion und der Linsenschleiferei in Japan könnte es mit der Radioaktivität aber schon Probleme geben oder gegeben haben. Bei Inhalation von radioaktivem Staub ist auch die an sich harmlose Alpha-Strahlung sehr gefährlich für den Menschen. Deswegen wahrscheinlich ging man später und bis heute zu Alternativen über (die zwar nicht mehr radioaktiv sind, jedoch auch nicht mehr ganz diese höchste Lichtbrechung erzeugen).

Ja, und zweitens: warum lieben wir den Unschärfebereich manchmal fast mehr als die Schärfe?

Das Bokeh ist natürlich wirklich wichtig, und mehr als einmal habe ich beispielsweise seidenweich verlaufende Unschärfebereiche bewundert, die einem Blick durch dickes, klares Eis ähneln. Wirklich großartig und schön. Ach ja, jetzt fällt mir wieder ein, was ich heute morgen eigentlich schreiben wollte: es ist aber nicht nur das Bokeh. Genau. Es sind auch die atmosphärisch abbildenden Eigenschaften, die mit Farbgebung, Kontrasten, Lichtdurchlässigkeitskoeffizienten und dem gestalterischen Linsenprinzip und dessen Bündelungweg der Lichts zu tun haben. Hier im Forum muss ich das nicht erklären, viele verfügen über genug Erfahrung. Aber erwähnen wollte und sollte ich es, denn man kann es sich mal wieder bewusst(er) machen.

Heute morgen war es so augenfällig geworden. Ja, und wenn ich in Foren manchmal lese, daß hochlichtstarke Objektive für die Dunkelheit gebaut sind: nein, das ist ein Mißverständnis. Sie sind keineswegs dafür gemacht, nur im Dunkeln aufzunehmen, auch wenn sie das tatsächlich gut können. Natürlich sind sie auch nicht für grelles Sonnen- oder Tageslicht erdacht worden, das ist doch klar. Aber im Morgengrauen bis zum frühen Morgen, wenn man wirklich gute Bilder machen kann, und in der Dämmerung, wenn alle Farben noch vorhanden sind und das Licht diffus und seidig aussieht. Die große Öffnung lässt es einfach 1:1.2 durch. Ich finde: Vintage 'Berg-und-Tal' Minolta wohnt eine optische Magie inne. Ich kenne das schon vom ebenfalls sonderbeglasten 50mm 3.5 Makro, einem weiteren manuellen Lieblingsobjektiv von mir.

Eines schönen Sommermorgens, als die Blätter vor Frische glänzten, der Tau glitzerte und Familie und Nachbarn noch schliefen ... da wurde mir plötzlich etwas wieder ganz klar. Das manche Objektive - in Harmonie mit der Systemkamera - etwas auf den Chip transportieren, etwas atmosphärisches, das sich im Bild erkennen lässt und gleichsam sichtbar herausstrahlt. Mich macht dieser Umstand ungeheuer glücklich. Und ziemlich euphorisiert gehe ich sogar noch weiter und behaupte hier und jetzt: es ist der wiederholbarer Beweis, daß ein vernünftiges Ergebnis der Fotografie tatsächlich nicht nur durch einen physikalisch-technischen Vorgang entsteht. Sondern in echtem Sinne magisch sein kann.

Viele freundliche Grüße,

Christian (XTian)

P.S. Für Interessierte oder Genießer hier und hier gerne ein Link zu einigen atmosphärischen Bildern und Portraits

bearbeitet von Xtian
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Vielen Dank für Deinen hochinteressanten Beitrag! Wie Du technische mit emotionalen Aspekten verknüpfst, das ist schon genial!

Wann ist ein Foto ein gutes Foto? Für ein wirklich gutes Foto kommt es nicht darauf an, dass es 100% scharf ist, dass alle fotografischen Regeln (z.B. Goldener Schnitt) befolgt werden, dass es optimal belichtet ist und technisch perfekt. Ein Foto ist dann ein gutes Foto, wenn es beim Betrachter Emotionen auslöst.

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