Jump to content

Abmahnung wegen Google Fonts auf eigener Webseite


Harlem

Empfohlene Beiträge

Werbung (verschwindet nach Registrierung)

Der Betrieb von Webseiten ist bekanntermaßen inzwischen ein juristisch glattes Eis. Wer nur genügend darüber liest, will am liebsten sofort alles offline schalten, bevor man zur Blutmalzeit von Abmahnanwälten und Datenschutzbeauftragten wird. Hier im Forum wurde das ja auch schon hin und wieder diskutiert, blieb aber meist theoretisch.

Zum Jahresende will ich daher mal eine schöne Geschichte aus dem richtigen Leben zum Besten geben, die Mut macht, gelassen zu bleiben.

Ich bekenne mich ja offen zu den Menschen, die einfach mal ausprobieren und sich nicht von Ängsten leiten lassen. Nun ist es jedoch passiert, mir, bzw. meinem Fliesenleger, dessen Webseite ich betreue, flatterte im Oktober eine Abmahnung ins Haus. Darin monierte ein Berliner Rechtsanwalt, dass sein Mandant, die sog. „Interessengemeinschaft Datenschutz“ sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sehe, weil meine Webseite Google Fonts benutze und die IP Adresse von Lesern in die USA weiterleite. Das stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mandanten in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechtes dar. Ich wurde dann zur Unterlassungserklärung und einer Zahlung von 170 Euro aufgefordert.

In der Sache hatte der Rechtsanwalt prinzipiell recht, ich hatte schlicht übersehen, einen der benutzten Fonts auf dem Webserver zu installieren, so dass der Browser des Benutzers diesen fehlenden Font bei Google nachgeladen hat. Allerdings habe ich nicht eingesehen, warum ich mit diesem Büroversehen die Persönlichkeitsrechte eines dubiosen Abmahnvereins verletzt habe, der ganz offensichtlich mit einem Bot Webseiten gescannt hat, um genau diesen Fehler zu suchen. Also schrieb ich dem Rechtsanwalt, dass ich der Auffassung bin, dass seine Abmahnmasche in Zusammenarbeit mit seinem Mandanten von rein materiellem Interesse und von sachfremden Erwägungen angetrieben, d.h., rechtsmissbräuchlich ist. Darüber hinaus halte ich eine Strafbarkeit wegen Betruges für möglich.

Dann habe ich ihn der guten Ordnung halber informiert, dass ich das Nachladen von Google Fonts unterbunden habe und bereit sei, von weiteren Schritten gegen ihn abzusehen, wenn er mich nicht weiter mit seinem rechtsmissbräuchlichen Verhalten belästige.

Ich habe dann nichts mehr von der Sache gehört, bis ich gestern zufällig auf der Legal Tribune Online (LTO) auf diesen Artikel gestoßen bin, der über eine Razzia bei einem Berliner Rechtsanwalt berichtete.
Offensichtlich haben über 400 Betroffene eine Strafanzeige gestellt, so dass die Staatsanwaltschaft sich zum Eingreifen wegen Abmahnbetrug und Erpressung genötigt sah. Über 2.000 Geschädigte (!) haben offensichtlich auf das Schreiben hin gezahlt.

Mein Resümee: Man soll sich von der Abmahnbranche nicht ins Bockshorn jagen lassen. Wo ein Kläger, da ist auch ein Staatsanwalt. Das nächste Mal würde ich auch sofort eine Strafanzeige stellen.

 

Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe kürzlich ein Tutorial zum self-hosting von Google-Fonts gemacht. Das bezieht sich zwar auf den Webeditor RocketCake, aber wer selbst Websites macht oder betreut, weiß sicher, wie es übertragbar ist. Anlass war die aktuelle Diskussion zur diesbezüglichen Abmahnwelle. Einen befreundeten Winzer hat's auch erwischt.

Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

vor 12 Minuten schrieb Harlem:

Mein Resümee: Man soll sich von der Abmahnbranche nicht ins Bockshorn jagen lassen. Wo ein Kläger, da ist auch ein Staatsanwalt. Das nächste Mal würde ich auch sofort eine Strafanzeige stellen.

Wir hatten das bei vielen unserer Internetkunden. Da kamen die Abmahnungen nicht mal nur von Rechtsanwälten, sondern von irgendwelchen Firmen oder gar Privatleuten, die 100 Euro Schmerzensgeld forderten.

Das schlimme an der Sache ist ja, dass es vor eins zwei Jahren noch legitim war, stand ja in den AGB und auch in der Datenschutzerklärung drin, dass man auf diese Fonts zugreift. Das Problem ist aber, womit diese findigen Mitbürger sogar Recht haben, dass es ja schon passiert ist, wenn man diesen Cookie Hinweis liest.

Summa Summarum haben wir auch Anwälte eingeschaltet, aber der Kläger ja auch beweisen muss, dass er erstens nicht diese Sache zum Geldverdienen  für sich entdeckt hat, dass diese Server wirklich in den USA stehen (Google betreibt ja auch reichlich in Europa) und dann ging es wohl auch in dem herangezogenen Urteil um 100 Euro Schmerzensgeld, sodass man es da auch auf einen Prozess ankommen lassen kann.

Wir haben jetzt die Fonts einfach auf die Server der Kundenwebseiten gelegt und gut. Aber es ist schon wirklich toll, was sich manche da einfallen lasen und sogar rechtens, wenn sie von einem Geld fordern, nur eben nicht auf diese Art und Weise, wo man ja mit Ansage weiß, dass unser Dachdecker oder Klempner  in der Regel seine Aufträge nicht aus Hamburg und Berlin bekommt und diese Typen regelrecht danach gesucht haben, um Geld zu scheffeln.

Ich finde es jedenfalls gut, dass da mal jemand eingegriffen hat, wie du schreibst. Das war wirklich mal notwendig.

 

Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

vor 56 Minuten schrieb Harlem:

Über 2.000 Geschädigte (!) haben offensichtlich auf das Schreiben hin gezahlt.

Mein Resümee: Man soll sich von der Abmahnbranche nicht ins Bockshorn jagen lassen. Wo ein Kläger, da ist auch ein Staatsanwalt. Das nächste Mal würde ich auch sofort eine Strafanzeige stellen.

 

Vielen Dank für den ausführlichen Bericht.

Wenn man bedenkt, dass hier schon deutlich über 300.000 Euro an die Kanzlei geflossen sind, dann kann man erahnen, wie verlockend sowas im Übrigen für Kanzleien und dubiose Abmahnvereine ist.

Die Deutsche Umwelthilfe, die sich den Umweltschutz so sehr zu eigen gemacht hat, nimmt mit Abmahnungen jährlich ca. 2,5 Mio. Euro ein. Natürlich immer mit dem angeblichen Verbraucherschutz im Hintergrund.

Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

vor 1 Stunde schrieb DRS:

as schlimme an der Sache ist ja, dass es vor eins zwei Jahren noch legitim war, stand ja in den AGB und auch in der Datenschutzerklärung drin, dass man auf diese Fonts zugreift. Das Problem ist aber, womit diese findigen Mitbürger sogar Recht haben, dass es ja schon passiert ist, wenn man diesen Cookie Hinweis liest.

Das schlimme daran sind Gerichte, die scheinbar jeden Bezug zur Realität verloren haben und mit weltfremden Urteilen solchen Unsinn erst ermöglichen. 

Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Diskutiere mit!

Du kannst direkt antworten und dich erst später registrieren. Wenn du bereits einen Account hast, kannst du dich hier anmelden, um unter deinem Usernamen zu posten.
Note: Your post will require moderator approval before it will be visible.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Clear editor

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...