"Blicke"

[Randyderzweite]

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Moin zusammen!

Da mich hauptsächlich die inhaltliche und gestalterische Seite der Fotografie interessiert, stelle ich hier mal das folgende Bild von mir zur Diskussion.

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Die technischen Daten spare ich mir, dass es eine schwierige Lichtsituation war, sieht man ja.

Entstanden ist das Foto vor einigen Jahren im 'Fotografiska Stockholm', in dem ich eine Ausstellung von Nick Brandt besucht habe. Es zeigt eine Szene im Café des Museums vor einem der Panoramafenster mit Blick auf Fjord und Altstadt.

Motivation für das Bild war primär das Plakat mit dem Mädchen von Paolo Roversi in Verbindung mit der Besuchergruppe. Das allein hätte m.M.n. eher dokumentarischen Wert gehabt, als Bild interessant geworden aber ist es für mich durch den freundlichen Schulterblick der Besucherin, mit der ich zuvor ein nettes Gespräch in der Ausstellung geführt hatte. Beide Frauen (auf dem Plakat und am Tisch) nehmen jetzt zufällig eine ähnliche Haltung ein und beide richten den Blick direkt in die Kamera. Diese Duplizität von Blick und Haltung machen das Foto für mich besonders!

Die belichtungsbedingten "Unzulänglichkeiten", also die ausgebrannten Lichter draußen (es war Hochsommer) und die abgesoffenen Schatten, empfinde ich hier nicht als Mangel, sondern im Gegenteil, als dem Motiv förderlich, da sie ablenkende Details unsichtbar machen. Ich habe diesen Effekt genutzt und zusätzlich in der Bea verstärkt. Zusätzlich habe ich die Farbtemperatur etwas an die warme Beleuchtung der Plakats angepaßt und eine zurückhaltende Schärfung gewählt.

 

Ich bin gespannt auf Kritik ...

[FloKuGrafie]

Dann will ich mich mal an einer konstruktiven Kritik versuchen.
Dabei bemängel ich auch Sachen, die du vor Ort nicht hättest vermeiden können. Auch wenn diese technisch oder vor Ort schwer beeinflussbar waren, spielen sie für die Gesamtwirkung ja dennoch eine Rolle.

Also inhaltlich finde ich das Foto schon mal sehr stark. Die Doppelung des Schulterblickes - im Bild an der Wand und bei der Person, die im Fenster sitzt - ist klasse. 
Die Aufteilung könnte ein bisschen besser sein. Nehme ich beide Gesichter als Paar, wirken sie leicht dezentriert, mit etwas zu viel Raum zur linken Seite.
Ich hätte wohl versucht entweder eines der Gesichter oder den Mittelpunkt zwischen beiden als Mitte zu setzen.

Dann ist da natürlich das sehr helle Fenster. Ich verstehe die Intention, es fast komplett ausbrennen zu lassen, um den Fokus eher auf das Gesicht der Frau zu legen. Dadurch hat man aber leider einen riesigen hellen Bereich, der unweigerlich die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der erste Blick wander sofort dort hin, wo nichts Spannendes passiert. Erst danach, wandert der Blick weiter. Ich habe selber mal probiert das Fenster komplett weiß zu machen, damit man nicht erst versucht herauszufinden, was da draußen ist, aber das macht das ganze irgendwie noch schlimmer. Evtl. hätte es geholfen doch etwas mehr Zeichnung dort zu belassen, dafür aber in der Farbe reduziert.

Einige Gestaltungselemente wie die überlagernde Lampe, der Deckenbalken oder die unterbrochene Linie oben zwischen Decke und Wand stören für mich die grafische Klarheit. Sie lenken vom eigentlichen Motiv, den beiden gleichen Blicken, ab. Natürlich ist das vor Ort schwer zu vermeiden, aber in der Gesamtwirkung bleiben es Ablenkungen. Ohne diese wäre es deutlich ruhiger und man könnte sich besser auf das Spiel mit der Doppelung der Posen konzentrieren.

Kurzfassung: Schönes Foto, das durch das Motiv klar mehr ist, als eine dokumentarische Aufnahme. Es könnte für einen besseren Gesamteindruck aber mehr Klarheit vertragen.

[Ergebnis]

Ich würde das Bild links ein wenig und rechts deutlich beschneiden. Wenn man dann nur drei Personen sieht, wirkt das meine ich fokussierter.

[DRS]

vor 18 Stunden schrieb Randyderzweite:

ch bin gespannt auf Kritik ...

Cool fände ich es, wenn es ab der Lampe abgeschnitten wäre und rechts noch eine echte Person das Bild betrachtet und  das was an der Wand hängt sie anschaut...Dann wäre es für mich schön verdichtet die Lichtstimmung würde passen etc. 

Zum eigentlichen...

Ich empfinde diese riesige ausgebrannte Fenster wirklich als Störfaktor, weil es den Blick sofort auf sich zieht. Auch die sich umdrehende Person wird ja dadurch teilweise in Mitleidenschaft gezogen   und man erkennt quasi nichts. Von der Farbe gefällt es mir ganz gut, aber ich hätte es auch noch mal in s/w probiert.

Die Lampe im VG finde ich  nun wieder gut, auch das Bild an sich hat was, diese Ecke links hätte ich oben retuschiert. Ob es jetzt besser wirken würde, wenn man durch das Fenster noch scharfe  Landschaft sieht, wage ich auch zu bezweifeln. Kommt drauf an, was es ist. Es ist aber dennoch ein Bild, dass man gemacht hat, weil es gerade so war, ein Moment, ein Augenblick und keine Inszenierung. Die Aufnahmeposition  ist für mich richtig, auch der Ausschnitt, denn man muss der Situation auch etwas Raum geben. Eigentlich stört mich  nur dieses Fenster, weil es wie eine monströse Lampe den Blick auf sich zieht und nichts beinhaltet. Es ist einfach zu dominant. Kann man sich aber nicht aussuchen und das ist auch nur mit Bildbearbeitung zu beseitigen, rein original gesehen hätte man den Blick noch einmal richtig belichten müssen und es dann einfügen und vielleicht etwas Unschärfe dazu geben. Dann wäre es ja noch authentisch, man hätte sich nur lichttechnisch beholfen. 

Das Bild hat was und ich glaube, man muss es einfach nur anschauen, genau wie man es in diesem Moment auch selbst nur einen Augenblick gesehen hat, ohne daran herum zu interpretieren. 

[Randyderzweite]

Ich habe mir jetzt bewußt mit der Antwort etwas Zeit gelassen, um ausführlich zu antworten.

Zuerst mal vielen Dank an Euch, @FloKuGrafie, @Ergebnis und @DRS, für die ausführliche und konstruktive Kritik.

Ich denke, dass alle von Euch geäußerten Kritikpunkte berechtigt sind. Beim Überdenken Eurer Anmerkungen kommen mir einige weiterführende Gedanken:

Zum Vorschlag des Beschnitts - ich hab das mal probiert, aber ich finde, dass der Anteil des überstrahlten Fensters am Bild damit noch größer (zu groß) wird. Das wäre, glaub ich keine Option für mich. Auch, weil ich die Szene als Ganzes mag und das gedeckte Rot der Kleidung der beiden Personen links in meinen Augen für ein gewisse Balance sorgt.

Das Fenster - das ist, so wie es ist, tatsächlich schon an der Grenze dessen, was ging: gleißend helle Sonne über Wasser im August. Klar, theoretisch hätte ich auf die Lichter belichten müssen, aber ob dann ein Hochziehen der Tiefen um 5 Blenden gereicht hätten? Wer weiß, aber drinnen wäre es wohl immer noch stockdunkel und der Augenblick jedenfalls wohl vorbei gewesen. Den Blick aus dem Fenster noch einmal richtig zu belichten und dann einzufügen, wie Du es angesprochen hast, Marko, wäre etwas, was mir für meine Art des Fotografierens nicht in Frage käme. Dazu aber unten noch mehr. 

Was man da außerhalb des Fensters sehen würde, wäre ja auch keine Landschaft, sondern das ist das Wasser des Fjords und gegenüber die Stockholmer Altstadt. Und die ist zu weit weg, als dass es da etwas zu sehen gäbe.

Bezüglich der grafischen Klarheit (mit Klarheit meinst Du hoffentlich nicht den Regler in LR 😉) finde ich Deinen Einwand, Florian, völlig berechtigt, zumindest was die Raumdecke angeht. Das werde ich nochmal überarbeiten! Ich fand den keilförmigen Balken eigentlich hilfreich, um den Blick auf das Plakat mit dem Mädchen zu richten, aber das geht auch gut ohne. Bezüglich der Lampe geht's mir wie @DRS, die stört mich garnicht.

Die formalen Fehler im so einem Bild sind natürlich immer etwas, was einen zuerst mal dazu bringt, sich zu fragen "warum hast Du das eigentlich gemacht?" Die Aufnahme ist jetzt neun Jahre alt und hat auf der Platte geschlummert. Jetzt habe ich sie wieder ausgegraben, war kurz versucht, sie zu löschen und habe mich dagegen entschieden.

Und die Frage nach dem Warum ist ja eigentlich die Frage nach dem "Warum fotografiere ich?" Meine Antwort wäre: Ich möchte die Welt so zeigen, wie sie ist. Wie ich sie mit meinen Augen sehe! Da gehört dann auch die Lampe im diesem Bild dazu und das blendende Licht von draußen, genauso wie ein häßliches Baustellenschild oder eine weggeworfene Getränkedose. Für einen Werbeauftrag wäre das natürlich was ganz anderes, da ist die ideale Welt gefragt. (Wobei Kleinigkeiten im Bild aufzuräumen, wenn es der Bildaussage dient, für mich ok ist.)

Du hast es am Ende nochmal gut zusammengefaßt, Marko: "Es ist aber dennoch ein Bild, dass man gemacht hat, weil es gerade so war, ein Moment, ein Augenblick und keine Inszenierung."

Also nochmal Danke an Euch und vllt. habt Ihr ja noch was zu ergänzen ...

[DRS]

vor 10 Stunden schrieb Randyderzweite:

Das Fenster - das ist, so wie es ist, tatsächlich schon an der Grenze dessen, was ging: gleißend helle Sonne über Wasser im August. Klar, theoretisch hätte ich auf die Lichter belichten müssen, aber ob dann ein Hochziehen der Tiefen um 5 Blenden gereicht hätten? Wer weiß, aber drinnen wäre es wohl immer noch stockdunkel und der Augenblick jedenfalls wohl vorbei gewesen. Den Blick aus dem Fenster noch einmal richtig zu belichten und dann einzufügen, wie Du es angesprochen hast, Marko, wäre etwas, was mir für meine Art des Fotografierens nicht in Frage käme. Dazu aber unten noch mehr. 

Bei mir ist das so.. Ich bin ein absoluter Freund  der Natürlichkeit, nehme fast nie solche Foto-Hintergründe, solange ich es kann, darf oder mich eben durchsetze, auch wenn es für den Job ist und Menschen auf dem Bild sind. Auch für aufwendige Montagen fotografiere ich die Bildteile selbst, damit es wenigstens alles von mir ist.

Eines habe ich über die Jahre gelernt. Das was ich sehe und was die Kamera draus macht ist nicht oft das Gleiche. Bei diesem Bild z.B. würde mein Auge/Gehirn es genauso wahrnehmen, wie man es mit der Kamera eben nicht direkt darstellen kann. Ich sehe den Hintergrund im Fenster noch sehr gut und im Raum sehe ich auch noch alles. ich gehe also da rein und sehe automatisch zwei Bilder, eins wie es ist und eins wie es  meine Kamera "sieht".  Dazu kommt noch das, was ich als Motiv im Kopf habe, für mich, für andere usw., also der Ausschnitt und die Technik.

Solche Unterschiede sind oft mit einem Bild nicht zu bewerkstelligen, auch wenn man auf die Lichter geht und dann die Schatten hochzieht. Wird glaube sehr unansehnlich in den Schatten, denn diese Seite des Bildes sieht ja auch in deinem sehr gut aus.

Bei  deinem wäre das bei mir so.  Ich komme da rein und sehe das Bild, wobei mir dieses helle Fenster sofort ein Dorn im Auge ist. selbst wenn ich jetzt das Bild im Raum schon richtig belichten möchte muss ich da schon satt ins Plus gehen, was immer ein Zeichen dafür ist, dass dieser Bildteil sehr dominant ist, wenn er die automatische Belichtung so stark beeinflussen kann. Manchmal im Gegenlicht usw. lasse ich die Lichter in Teilen der Haare auch gerne mal  ausbrennen, weil es eben natürlich wirkt oder auch so, wenn es nicht zu viel wird und dem Bild ein gewisse Natürlichkeit gibt, wie man sie auch sieht. man entscheidet sich, solange man es noch überblickt für eine Variante,  nehme ich das überstrahlte in Kauf, gefällt es mir oder muss es weg. In meinem Falle würde ich da mal auf den Knopf drücken und ne Belichtungsreihe machen mit großen Abständen oder einmal ganz hell und einmal einmal dunkel aufnehmen Selbst wenn ich das Fenster mal normal belichte und mal den Vordergrund richtig, bin ich rein natürlich gesehen mit so 'ner Montage näher an dem was ich wirklich sehe. ich könnte das dann separat in meine Wahrnehmung verwandeln, wie vor Ort, auch wenn ich es etwas überbelichte. In solchen Fälle frage ich mich dann immer, ob jetzt die Kamera das Fake Bild macht oder ich dann in der Bearbeitung, nur weil ich das daraus machen möchte, was ich gesehen habe. Wegretuschieren ist dann natürlich eine andere Baustelle genauso wie etwas "dazu bauen".  Ich hoffe, du weißt, was ich meine. Wenn einen das genauso gefällt, wie man es mit Kamera aufnimmt, dann ist das ja auch das Bild, was man machen möchte und so ok. Mir gefällt es nur ab und an mal nicht, was die Kamera aus dem Bild, was ich sehe macht und ich "rechne" das wohl im Kopf automatisch dann sozusagen schon um, wenn man so viel fotografiert wie ich.

Schon wenn man hier drei Meinungen dazu sieht, merkt man aber wie unterschiedlich da die Wahrnehmung schon ist. Für mich käme Beschnitt zum Beispiel nicht in Frage, weil ich dem Motiv seinen Raum nehme, für andere schon, auch die Lampe empfinde ich nun wieder der Gestaltung förderlich, weil ich für meine Verhältnisse in diesem Bild keine Klarheit brauche oder sie für mich damit nicht in Frage gestellt wird. Die gehört  dazu und unterstreicht das Ambiente. Sie bildet zusammen mit dem Portrait an der Wand auch schon ein schönes Einzelbild, wenn man es als Hochformat nimmt. So, ich höre jetzt mal auf mit dem Geschwafel und ich hoffe wie gesagt, dass du verstehst was ich meine und finde es schön, wenn man mal über ein Bild spricht statt über die neue X-pro7

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