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Man nennt ihn die leise Stimme der Fotografie. Paolo Pellegrin ist mit seiner Kamera an Kriegsschauplätzen. Kein Lachen - die Welt, die er fotografisch festhält ist Trauer, Trümmer, Tod. Er sagt: „Eine Grundregel ist, dass ich mir immer darüber bewusst bin, dass ich einen Menschen vor mir habe.“ Pellegrin sieht in der Würde des Menschen die Grundregel seiner Arbeit. Er sagt von sich, er möchte auf die Menschen vor seiner Kamera aufpassen. Menschen, die plötzlich zu Flüchtlingen werden, die um ihr Leben rennen. Kosovo, Gaza, Beirut. Pellegrin hat dort fotografiert, um dem Leid eine Stimme zu geben. Eugene Smith sagte einmal, die Fotografie habe eine leise Stimme. Aber wenn viele dieser leisen Stimmen zusammenkommen, wird die Masse erreicht. 
So kann Fotografie den stummen Schreien im Verborgenen eine Stimme geben. Pellegrin sagt, wenn es dort keine Journalisten mehr gäbe, wüsste bald niemand mehr, was an diesen fernen Orten geschieht.

Spannend ist die Frage, was ist ein gutes Foto?
“Ein gutes Foto ist für mich eins, das etwas zu sagen hat“, sagt Pellegrin. „Bei dem der Betrachter eine Verbindung herstellen kann, weil es einen Schlüssel darstellt. Oder eine Saat, die uns dazu bringt, sich mit einer Sache zu beschäftigen.“

Ich finde diese Definition bemerkenswert, gerade weil wir hier im Forum so oft darüber diskutieren, was ein gutes Foto ist....

Die Ausstellung „Un Antologia“ ist noch bis zum 1.3.20 im Haus der Fotografie in den Deichtorhallen in Hamburg zu sehen.

Ich würde mich freuen, wenn hier Beiträge folgen, wie ihr diese Definition eines guten Fotos aufnehmt. Mich hat sie sehr nachdenklich und bescheiden gemacht.

Quelle der Zitate ist ein Artikel von Jan Haarmeyer im Hamburger Abendblatt.

 

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Hallo Ana.

Danke für diesen Beitrag. Ich kenne und schätze P. Pellegrins Bilder sehr. Über die aktuelle Ausstellung gibt es auch einen Bericht in der ZDF Mediathek:

https://www.zdf.de/kultur/aspekte/magnum-fotograf-paolo-pellegrin-werkausstellung-deichtorhallen-hamburg-100.html

Die Frage, was ein gutes Foto ist, wurde hier ja schon oft diskutiert. Es gibt natürlich eine technische Seite, aber um die geht es ja nicht bzw. nur am Rande. Viele dokumentarisch arbeitende Fotografen - seien es nun Kriegs- und Krisenfotografen wie Pellegrin, Nachtwey etc. oder auch "nur" Hochzeitsfotografen wie Kevin Mullins - bewerten den Inhalt, die festgehaltene Situation, immer höher als die technischen Aspekte. Die müssen natürlich insofern stimmen, als das Motiv erkennnbar sein muß. Der Rest - Schärfe, Ausrichtung, Belichtung, selbst Verwacklung oder Bewegungsunschärfe - steht dahinter zurück. Ein gutes Beispiel dafür sind für mich Capas Bilder von der Landung der Allierten in der Normandie: unscharf, verwackelt, schief, schlecht entwickelt (es haben ja von vier Filmen nur elf Aufnahmen die Entwicklung "überlebt"). Und trotzdem - oder gerade deswegen - vermitteln die Bilder bis heute einen beklemmenden Eindruck davon, wie sich die Situation für die teilnehmenden Soldaten darstellte.

Natürlich hat nicht jeder die Möglichkeit, Fotos unter solchen extremen Umständen aufzunehmen - das muß aber meines Erachtens auch nicht sein. Dokumentarische Fotografie beschränkt sich ja nicht auf Kriege, Krisen und Hungersnöte. Auch direkt vor der Haustür gibt es genügend Möglichkeiten, fotografisch sinnvoll tätig zu werden. Dafür reicht meist echtes Interesse und genügend Zeit - weder eine Akkreditierung noch ein dickes Budget sind zwingend erforderlich. Auch hier ein Beispiel: Smiths Fotoessay "Country Doctor", erschienen im LIFE Magazine, war überwiegend undramatisch, und trotzdem wichtig. So etwas lässt sich von "uns Amateuren" (die überwiegend hier ja) realisieren, wenn auch nicht so exzessiv.

Was die Definition von P. Pellegrin angeht, ist (im Rahmen der Dokumentarfotografie) dagegen natürlich nichts zu sagen, sie ist sicherlich richtig. Aber es ist natürlich nicht die einzig mögliche Definition. Und es bleibt die Frage offen, ob Fotos heute noch etwas bewirken können. Fotografen wie Pellegrin, Nachtweg, Kamber usw. riskieren ihr Leben für Bilder - sie scheinen von deren Nutzen überzeugt zu sein... 

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VIelleicht wäre es hilfreich, die Pauschalierung "gutes Foto" ein wenig differenzierter zu betrachten. Ich denke nicht, dass es DAS gute Foto schlechthin gibt - ich meine, dass es hingegen innerhalb klar umrissener Kontexte und Aufgabenstellungen möglich ist, Kriterien zu formulieren, die ein Foto erfüllen sollte, um "gültig" zu sein (gefällt mir besser als "gut"). Und mit dieser Vorbemerkung finde ich die Aspkte, die Pellegrin nennt, durchaus zutreffend. Vor allem das Bild der Saat, das darauf hinweist, das beim Betrachten eines - meinetwegen ... - guten Bildes ein Prozess ausgelöst, etwas bewegt wird im Betrachter. 

bearbeitet von jakob_ehrhardt
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Mein Vorredner trifft, meine ich, einigermassen eine Form des Gut. Es gibt Bilder, die "fertig" sind, wie wir sie sehen. Kein Gedanke an Änderung, Ausschnitt, Schärfe oder Kritik am Motiv... Aber dann kommen die individuellen Muster, die bei einigen Leuten völlig andere Anforderungen setzen als bei anderen. Insofern gibt es 2. kein gutes Bild. Und doch: je nach kultureller Grundlage gibt es 3. Bildformen, die viele wie selbstverständlich gut finden, selbst wenn eines, das sie gerade sehen, ihnen nicht gefällt – es gehört eben in den Kanon Gut. Etwa moderne Kunst, oder eben nicht, etwa Katzen oder Stillleben. Und so gibt es wohl noch eine Menge an Mustern, die individuell für gut stehen, etwa Akt oder Nackt... Gruss, lars

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"Gut" ist als Begriff m.E. viel zu subjektiv, um ihn in Bezug auf Fotos verwenden zu können. Er ist nicht quantifizierbar, und selbst die technischen Kriterien (die sind ja noch am ehesten messbar, z.B. anhand eines Histogramms) unterliegen dem persönlichen Geschmack. Ein an der richtigen Stelle scharfes, korrekt belichtetes Bild ist noch lange nicht unbedingt "gut" - ebenso, wie in verwackeltes, unscharfes und schlecht belichtetes Bild nicht zwingend "schlecht" sein muß.

Im Hinblick auf die Reportagefotografie würde ich eher Begriffe wie "beeindruckend", "aussagefähig" oder "berührend" verwenden - inkaufnehmend, dass diese Einschätzungen selbstverständlich auch hochgradig subjektiv sind.

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Vielen Dank für diesen zum Nachdenken anregenden Thread.

Er hat bei mir etwas ausgelöst, was ich als anregende Motivation bezeichnen möchte.

Der Begriff des guten Fotos ist tatsächlich nur bedingt fassbar, da es auch im Auge des Betrachters liegt und dessen „Erfahrungen des Lebens“, die ihn/sie für bestimmte Dinge, Momente und Augenblicke sensibler machen als andere Menschen.

Als Fotograf, als Künstler kann man im Mainstream sicherlich auch mit Erfolg für eine gewisse Zeit mitschwingen, aber wer nicht „seine Handschrift des Sehens und Abbildens“ entwickelt, wird unweigerlich in der Menge untergehen. Das mag bedauerlich sein, ist aber der schieren Masse an Eindrücken geschuldet, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind.

Ich selber war Zeit meines Lebens dokumentarisch unterwegs und habe erst in den letzten 10 Jahren begonnen, mich den „besonderen Momenten“ stärker zu widmen. Seitdem ist der Auslöser deutlich weniger aktiv, dafür schule ich jeden Tag von neuem mein Sehen, indem ich mein Umfeld bewusster wahrnehme in seiner ganzen Schönheit. Das lässt in mir neue Bildideen reifen und ich nutze zunehmend meine Lebenszeit dafür, mich den Themen zu widmen, die mir in diesem Moment wichtig sind. Ich bin selber gespannt, wohin es mich führen wird und ich freue mich schon auf die neue Aufgabenstellung, die der Grundstein auch der eigenen Entwicklung sein wird.

Ich wünsche euch auch, das ihr euch die Zeit nehmen könnt, den Augenblick zu entdecken und manchmal auch als Bild festhalten zu können.

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