Die Hände meiner Mutter

[Jaja]

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Diese Hände haben auf der Flucht aus Ostpreußen über das Haff mit vier Jahren den neun Monate alten Bruder

in den Armen verhungernd gehalten und ihn anschliessend im Sand begraben.

Von der Mutter bis zu ihrem achten Lebensjahr getrennt, die in sibirischer Gefangenschaft im Steinkohlebergwerk zwangsarbeiten und schlafen musste.

"Nachts warteten schon die Ratten in meinem Nachtlager", sagte sie. 

 

Krieg wirkt über Jahrzehnte hinweg.

Wirft seine Schatten auf auf die nachfolgenden Generationen. 

 

Ich als Tochter und Enkelin lebe mit dieser Trauer.

Weine die Tränen meiner Mutter, die so tapfer ihr Leben gelebt hat.

Immer.

Verstehe nicht, warum dieses Unheil immer wieder aufs Neue über die Menschen gebracht wird.

 

 

 

[fujimoritz]

@Jaja Ich finde das sehr berührend. Danke für Deinen Text dazu.

[michmarq]

vor 42 Minuten schrieb Jaja:

 

(........................................)

Verstehe nicht, warum dieses Unheil immer wieder aufs Neue über die Menschen gebracht wird.

Homo homini lupus....*

Plautus (ca. 254–184 v. Chr.)/ Thomas Hobbes (1588-1679)

 

*Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen...

bearbeitet 2. Dezember 2022 von michmarq

[XFujigraf]

Es gibt keinen gerechten Krieg. 

[forensurfer]

Vielen Dank für diesen mich berührenden Beitrag!

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, das ein Krieg über Generationen wirkt... auch die Enkel bekommen den Krieg indirekt mit.

Aber neben der Mahnung ist da für mich eine Portion Optimismus spürbar: Alles hat einmal ein Ende - egal wie schwer es im Einzelnen erlebt wurde - und wir die Chance, weiterleben zu können. Ob das Segen oder Fluch ist, haben wir zu einem guten Teil selber in der Hand. Wir können unsere individuelle Welt in der Zukunft orientiert mitgestalten, trotz der Lasten der Vergangenheit.

 

[XFujigraf]

Ich komme immer wieder auf diesen Beitrag zurück. Das ist eine großartige Fotografie und eine wirklich berührende Geschichte, die leider beileibe kein Einzelschicksal war und ist.

Vielen Dank dafür, Jaja!

[Dare mo]

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Krieg kennt keine Sieger, jeder militärische Triumph erweist sich in Wahrheit als Niederlage aller Beteiligten. Sie alle leiden unter den Folgen und selbst die nachfolgende Generation, wird davon nachhaltig geprägt. Und jedes mal verspricht man sich "Nie wieder" soll es ein solches Grauen geben, man habe daraus gelernt. Doch die Erinnerungen verblassen und so scheint es, das die nachfolgenden Gernerationen immer wieder aufs Neue, diese schrecklicher Erfahrung am eigenen Leibe machen müssen und so dazu verdammt sind, bekannte Fehler immer wieder und wieder zu wiederholen. Das Leid der Vergangenheit, ist scheinbar nur prägend für jene, die es hautnah erlebt haben und leichtfertige Nachfolger stürzen andere Nationen leichtferig in den Abgrund und zwingen ihnen die Greul auf, die erst ganz am Ende von allen bereut werden. Diesen Preis sind jene bereitwillig zu zahlen, die nicht unmittelbar davon betroffen sind, das ist das Fatale daran. Der Einzelne, der unmittelbar davon betroffen ist, leidet bis an sein Lebensende daran. Es sind die Hinterbliebenen, die Überlebenden, die Verwundeten, die Waisen die diesen Preis bezahlen.

[Al Garb]

Bravo!

[Randyderzweite]

Mein Vater hat Stalingrad überlebt, und ich kann sagen, dass ihn das in gewisser Weise emotional verkrüppelt hat. Die daraus entstandenen Defizite empfinde ich noch heute ...

bearbeitet 4. Dezember 2022 von Randyderzweite

[Lithographin]

Danke für das Bild und den Text !

[Trulla]

Bin innerlich bewegt, ob des wundervollen Fotos dieser Verantwortung tragenden, kraftvollen, gelebten Hände.

Dein Text dazu treibt mir die Tränen in die Augen. Warum immer wieder dieses unsinnige Leid des Krieges.

bearbeitet 4. Dezember 2022 von Trulla

[Gast]

Das muss ich jetzt mal loswerden :

Liebe JaJa,

vielen Dank für diese wunderbare Aufnahme ( „Die Hände meiner Mutter“). Zusammen mit den erklärenden Zeilen fordert sie regelrecht dazu auf, genauest betrachtet und interpretiert  zu werden.

Die Hände zeigen Spuren langer intensiver Arbeit und eines harten Lebens voller Entbehrungen aber auch eine gewisse pflegliche Behandlung, die einer solche Lebensleistung erst ermöglicht hat.
Ohne zu wissen, ob deine Mutter noch lebt oder nicht, würde ich anhand des Bildes sagen, dass diese Hände noch immer in der Lage sind, außergewöhnliches zu leisten.

Dieses Photo zeigt  auf jeden Fall die Hände einer sehr starken Frau mit einer sehr klaren Lebensstrategie!

Vielleicht noch ein paar Anmerkungen zum Thema Krieg:

Kriege werden nicht geführt, um sie zu verstehen. Man kann aus der Vergangenheit immer nur sehen, das Kriege nicht spontan entstehen - auch wenn der Kriegsbeginn meist „überraschend“ kommt.
Jeder Mensch ist voller Gefühle wie Hass, Neid, Wärme, Geborgenheit, Abneigung, Scham, Liebe etc. und jeder Mensch kann in Folge dieser Gefühle handeln : zärtlich, zugeneigt, gehorsam, gewalttätig, grausam, abweisend, fliehend, abwartend, abwägend etc.

So kann ein Disput zwischen zwei Menschen mit einer Ohrfeige und einer anschließenden Umarmung enden, zwischen zwei Völkern aber auch in einem grausamen Krieg. Es ist leicht einen Krieg zu verurteilen, aber nahezu unmöglich ihn zu verstehen. Zu viele Geschehnisse der letzten 30 Jahre haben zum derzeitigen Krieg zwischen Russland und der Ukraine geführt und meines Erachtens ist die Ukraine nur aufgrund der geologischen Lage das Opfer geworden. Die Hauptursache für diesen Krieg (aus der Sicht Russlands) sind wir Europäer, da wir geltenden Verträge mit Russland seit dem „Fall des Eisernen Vorhangs“ mehrfach missachtet haben. Hinzu kommen „Demütigungen“ seitens der Weltmächte USA und China, welche Russland immer weiter vom Weltmarkt abhängten.

Ohne die Gewaltverbrechen der Russischen Armee zu rechtfertigen oder gar gut zu heißen :

Eine Lösung des Konflikts erfordert neue Gesichter am Verhandlungstisch ohne Allüren, ohne Forderungen, ohne Hinterlist, absolut kompromissbereit und mit vollstem Vertrauen der jeweiligen Allianzen.

- schwer vorstellbar -

Aus dieser Perspektive heraus möchte ich dir herzlich für deine fotografische Leistung hier in diesem Forum danken.
Deine Aufnahmen sind für mich sehr ergreifend, tiefgründig, berührend, erfrischend und ehrlich und ich freue mich immer wieder, die bereits gezeigten Aufnahmen zu betrachten und neue Aufnahmen zu entdecken.

Das musste ich einmal los werden!

 

[Randyderzweite]

Lieber @arm,

in weiten Teilen stimme ich Dir zu - danke für Dein Statement!

Aber eine Deiner Aussagen wundert mich: in welcher Hinsicht habe "wir Europäer" Verträge mit Russland gebrochen, dass wir als Hauptursache des Angriffs auf die Ukraine gelten könnten?

Hat nicht vielmehr die Ukraine freiwillig alle Atomwaffen seinerzeit an Russland übergeben und hat nicht Russland (zusammen mit der EU und den USA) Sicherheitsgarantien für die Ukraine abgegeben?

Wie gesagt, Deine Aussage finde ich irritierend ...

Gruß Hans

[Tommy43]

Und trotzdem, vielleicht einfach Statement und Replik jetzt mal so stehen lassen. Passen bis dahin noch zum Bild, wurden dadurch und die Beschreibung ausgelöst, aber bitte jetzt nicht noch ein Rattenschwanz an Argumenten, warum es diesen speziellen Krieg gibt. Dann gerät das sehr starke Bild dann doch zu sehr in den Hintergrund fürchte ich.

[Maikäfer]

Liebe @Jaja

Das Bild und dein Text, beides berührt - beides dabei auch von eigener Schönheit. Mir fällt kein besseres Wort ein.

Wie hier schon mehrfach genannt, Krieg wirkt nach. Meine Eltern waren Kinder / Jugendliche im Krieg. Beide davon kaputt. Unfähig sich vom Erlebten zu lösen, unfähig darüber zu reden und unfähig unbeschwert und emotionell befreit als Erwachsene zu leben. Das hat letztendlich unsere Familie komplett zerstört.

Das der Krieg seinen Schatten soweit wirft, habe ich erst als Erwachsene begriffen. Und immer, wächst irgendwo auf der Welt eine neue Generation heran, die am Körper und an der Seele Kriegs-Geschädigt sind.

Glücklich wer hier in den 50ern, 60ern geboren wurde und somit sehr viele Jahrzente des Lebens den Krieg nicht unmittelbar miterleben mußte. Das "Erbe" der Eltern, die Kriegskinder waren, das reicht.

Ob die Jüngeren hier auch ihr Leben weitgehend im Frieden verbringen werden ? Ich mag mir nicht Vorstellen, das unser Sohn "da mal durch muss". So wie anderswo gerade Tag und Nacht Zukunft zerstört wird.

 

 

 

 

 

[winfried_klenk]

Am 3.12.2022 um 00:07 schrieb Jaja:

 

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ein starkes Bild das durch deinen Begleittext noch tiefergeht, Danke dafür

[Jaja]

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Diese Geschichte ist eine Geschichte über eine Mutter-Tochter-Beziehung. 

Aber es ist auch eine Geschichte über unsere Gesellschaft.

Eine Geschichte über unser Gesundheitssystem. 

Eine Geschichte einer Heilung. 

Privat.

Aber, hey... so ist das Leben.

Warum ich mit diesem Bild beginne?

Als ich meine Mutter Mitte November des letzten Jahres ins Krankenhaus brachte, wog sie noch 36kg

und hatte jeden Lebensmut verloren. Das Eingangsbild #1 entstand noch im Krankenhaus, nach schweren Operationen.

Ich bangte um ihr Leben. 

Am 27.11.22, nach 7 Wochen kam sie in ihr altes Zuhause zurück. 

Ich richtete mir ein Plätzchen in der Küche und betreute sie über 2 Wochen. 

Was hier folgt, ist der Weg zurück in das Leben. 

In Genuss. In Freude. In Beziehung. 

 

 

[Jaja]

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Essen und trinken ein Kraftakt. 

Kleine Bröckchen. Wasser. Tee. 

Keine grossen Stücke. 

Bröckelchen & sprudelndes Wasser.

Bloss nichts Wabbeliges. Bloss kein stilles Wasser.

Und richtigen Käse. Auf Weissbrot. Knusprig. Das geht.

 

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[Jaja]

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[Fujifriend]

Großartig. Danke!

Ich wünschte, ich hätte Ähnliches bei meinen Altvorderen geschafft.

Liebe Grüße,

Fujifriend

[Jaja]

 

 

 

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[Fujifriend]

Am 3.12.2022 um 00:40 schrieb michmarq:

Homo homini lupus....*

Plautus (ca. 254–184 v. Chr.)/ Thomas Hobbes (1588-1679)

 

*Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen...

Ja, traurig, aber leider wahr. Es gibt quasi nichts Neues unter der Sonne. Geschichte wiederholt sich, immer wieder.

Danke Dir, Michmarq!

[Fujifriend]

vor 2 Minuten schrieb Jaja:

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Vielen Dank und liebe Grüße an die Frau Mama!

Bleibt stark!

Alles Gute und Liebe,

Fujifriend

[Jaja]

vor 3 Minuten schrieb Fujifriend:

Großartig. Danke!

Ich wünschte, ich hätte Ähnliches bei meinen Altvorderen geschafft.

Liebe Grüße,

Fujifriend

Tja, das verstehe ich sehr gut. Hier hatte ich (ausnahmsweise) einmal sehr viel Glück. Viele Fäden liefen zusammen, ich hatte die Möglichkeiten ihr zu helfen und auch die Chance, sie zu verstehen. Wodurch ich auf ihre Bedürfnisse perfekt eingehen konnte. Die Angst um sie war so stark gewesen... Wer das einmal erlebt und durch das Überleben beschenkt wird, ist einfach nur glücklich und bereit, alle Hilfe zu geben, die benötigt wird. 

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